Mein Freund, seine Schwester und ich

 

„Du erinnerst mich irgendwie an meine Schwester! Ich weiß gar nicht ob ich das so gut finde…“ – eine der ersten Dinge, die ich von IHM beim Kennenlernen zu hören bekommen habe.  Vier Jahre sind inzwischen vergangen und – zumindest sieht es so aus – stand uns dieser Punkt nicht im Weg. Rico und seine Schwester – ein Thema für sich. Sie haben ein sehr inniges „Großer Bruder – kleine Schwester“ – Verhältnis und sind trotz der räumlichen Trennung (sie wohnt rund 7.000 Km entfernt) immer füreinander da. Als ich sie zum ersten Mal traf, staunte ich nicht schlecht über unsere charakterlichen Gemeinsamkeiten (optisch könnten wir kaum verschiedener sein) und unser nahezu identisches Lachen.

 

„Seine Schwester mag mich nicht“

 

„Verdammt! Seine Schwester mag mich nicht“ Dieser Gedanke schoss mir immer und immer wieder bei unserer ersten Begegnung durch den Kopf. Zwar verhielt sie sich weder unhöflich noch unfreundlich, ich spürte jedoch eine leichte Ablehnung gegenüber meiner Person. Auch das zweite und sogar das dritte Treffen schaffte keine Abhilfe. Wenn es zu dritt ins Restaurant ging, setzte sie sich wie selbstverständlich an seine Seite. Sobald er mich küsste, schimpfte sie auf knutschende Paare und brachte uns dazu, aufzuhören. Alles in allem: unangenehm und auch ein wenig anstrengend!

 

Beziehungen sind immer zweiseitig

 

Inzwischen sind über drei Jahre vergangen und seine Schwester hatte den einen oder anderen Partner, wir waren gemeinsam im Urlaub und sie hat unzählige Male auf unserem Sofa übernachtet. Vor einigen Tagen ergab es sich, dass Rico während ihres Aufenthalts verreisen musste. Wir zwei gingen also shoppen, zur Maniküre und machten einen Mädelsabend vor dem Fernseher. Ja, wir verstehen uns super und alle anfänglichen Zweifel sind wie weggeblasen. Ich habe sie gern und sie gibt mir nicht mehr das Gefühl, ein Störfaktor in der Beziehung zu ihrem Bruder zu sein. Was genau diesen Wandel ausgelöst hat? Ich denke es dürfte die Mischung sein: Ich versuche ihr nie das  Gefühl zu geben, ihr ihren Bruder vorenthalten zu wollen. Im Gegenteil. Ich fördere den Kontakt und wenn sie zu Besuch kommt, lasse ich die beiden auch gerne mal für einige Stunden allein, damit sie sich in Ruhe austauschen können. Ich versuche sie zu integrieren und ab und an sogar gemeinsam mit ihr und ihrem Freund Pläne für Unternehmungen zu viert zu schmieden (in ihrer Zeit als Single waren es halt Unternehmungen zu dritt). Beziehungen sind immer zweiseitig. Wenn also eine Partei sich derart um die andere bemüht, Verständnis zeigt und die Harmonie sucht, kann die andere Seite oft nicht anders, als ihre Abwehrhaltung(sofern diese jemals existent war) abzulegen.

 

Auf den Punkt gebracht: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es zurück.

 

Ich versuche mir immer bewusst zu machen, wie sich mein Gegenüber fühlen muss. Als kleine Schwester steht man oft im Mittelpunkt, wird vom großen Bruder getriezt aber auch beschützt, hat ihn immer an seiner Seite und geht mit ihm durch dick und dünn. Sein Leben lang war mein sein „Lieblingsmensch“ und diese Rolle an jemanden abgeben zu müssen, ist zwar natürlich aber mit Sicherheit nicht einfach. Ob man nun 13 oder 30 Jahre alt ist, Gefühle ändern sich nicht – man lernt nur anders mit ihnen umzugehen.

Als Partnerin neigt man manchmal dazu, Besitzansprüche zu stellen und SEINE ungeteilte Aufmerksamkeit zu erwarten. Was man allerdings nicht vergessen sollte: Sie – die Schwester – war VOR einem da! Und sie wird, komme was wolle, immer da sein! Und das ist auch gut so. Schlagt euch also all diese Zweifel und vor allem die imminenten Eifersüchteleien und den Stolz aus dem Kopf. Gebt euer Bestes und versucht das Ganze auch einmal aus IHRER Perspektive zu betrachten. Denn wenn ihr es wirklich schafft, euch zu verstehen, dann tut ihr nicht nur euch selbst einen riesigen Gefallen, sondern auch eurem Liebsten…